Unser verwitweter Vater ist vor einigen Wochen im hohen Alter verstorben. Er hat ein Vermögen in Höhe von ca. 150.000,00 € hinterlassen. Ein Testament hatte er nicht errichtet. Ich habe meinen Vater über Jahre alleine gepflegt.
Meine beiden Geschwister haben sich nie um ihn gekümmert. Wird die Pflegetätigkeit in irgendeiner Form bei der Verteilung des Vermögens berücksichtigt?
Antwort: Ja! Kinder, die ihre Eltern gepflegt haben, erhalten einen gesetzlich normierten Ausgleich für die erbrachten Pflegeleistungen. Voraussetzung ist, dass die Pflege über einen längeren Zeitraum und unentgeltlich erfolgte. Da davon ausgegangen werden kann, dass Ihr Vater Ihnen für die Pflege kein (angemessenes) Entgelt gewährt hat, haben Sie die Voraussetzungen für den Ausgleichsanspruch erfüllt.
Die Höhe des Ausgleichs richtet sich nach den genauen Umständen des Einzelfalles. Entscheidend ist, in welchem Umfang und über welchen Zeitraum Sie tätig waren, welche Aufwendungen erforderlich waren und inwieweit Ihnen ein Einkommensverlust bei der Pflegetätigkeit entstanden ist.
Tipp: Vom Gesamtvermögen ist der auszugleichende Betrag zunächst abzuziehen. Dann ist der so ermittelte Wert gleichmäßig zu verteilen. Der Ausgleichsbetrag wird anschließend zu Ihrem Anteil wieder hinzugerechnet. Wenn wir Ihre Pflegeleistungen z.B. mit 30.000,00 € bewerten, verbleibt noch ein aufzuteilender Restbetrag von (150.000,00 € ? 30.000,00 € =) 120.000,00 €.
Damit erhalten Sie und Ihre beiden Geschwister jeweils 40.000,00 €. Zusätzlich kriegen Sie den Ausgleichsbetrag von 30.000,00 €. Damit würden Sie im Ergebnis 70.000,00 € bekommen.
Hinweis: Die gesetzliche Vorgabe ist nicht zwingend, so dass der Ausgleichsanspruch durch Testament ausgeschlossen werden könnte. Als Orientierungshilfe können die Pflegesätze der Pflegeversicherung herangezogen werden. Für den ambulanten Pflegedienst betragen die Sätze derzeit bei Pflegestufe I 440,00 €, Pflegestufe II 1.040,00 € und Pflegestufe III 1.510,00 €.